Alles gut (?)
Die Welt lieben
Leben ist Zerstörung
Zerstörst du dich selbst, zerstörst du Leben
Zerstörst du Leben, zerstörst du die Welt
Zerstörst du die Welt, zerstört dich die Welt
Lebst du Zerstörung, lebst du in Leid
Leben ist Liebe
Liebst du dich selbst, liebst du Leben
Liebst du Leben, liebst du die Welt
Liebst du die Welt, liebt dich die Welt
Lebst du Liebe, lebst du in Frieden
Es lassen sich viele Gründe finden, unsere Welt nicht
zu lieben. Wir ärgern wir uns über den Zustand dieser Erde, über
unser Leben, über Ungerechtigkeit, über Mitmenschen und über
vieles mehr. Manchmal, wenn zum Beispiel unsere Politiker oder Wirtschaftsführer
wieder einmal besonders unerträgliches Unrecht produzieren, entwickeln sich
in uns sogar regelrechte Hassgefühle. Schon die reine Aufzählung all
dessen, was negative Gefühle in uns erzeugen kann, würde Bücher
füllen...
So sitze ich also vor dem Fernseher, sehe ein wenig die neuesten Horrormeldungen
in den Nachrichten und entsetze mich über Sozialvernichtung,
Planetenzerstörung, Kriegstreiberei und Bombenterror. Und prompt entstehen
in mir die üblichen negativen Emotionen.
Der Präsident der USA, der gerade mal wieder ein paar Hunderttausend Kriegstote
angeordnet hat, ist sehr betroffen von meinen Gefühlen. Auf der Stelle beendet
er alle aggressiven Handlungen, schafft die Rüstungsindustrie ab, beschenkt
statt dessen alle Armen mit den eingesparten Milliarden und schafft umfassende
soziale Gerechtigkeit und Wohlstand für alle. Mit den Erfolgreichen dieser Welt
funktioniert das natürlich genauso wie beim Präsidenten. Auch sie nehmen
sich meine Missgunst und meinen Neid zu Herzen und lassen mich großzügig
an ihrem Wohlstand teilhaben. Und während ich immer mehr Traurigkeit, Wut und
Hass in mir aufbaue, lösen sich meine Verspannungen, mein Organismus fühlt
sich zunehmend befreit und entlastet, es geht mir nicht nur immer besser, ich
fühle mich einfach phantastisch. ?
Eine nette Vorstellung. Doch jeder weiß, dass das so nicht funktioniert.
Der Präsident führt weiterhin seine Kriege, die Reichen werden immer
reicher und mir selbst geht es mit meinen negativen Gedanken und Gefühlen
alles andere als gut. Im Gegenteil. Sie entfalten ihre Energie, ihre ganze Wirkung
in erster Linie in mir selbst. Gedanken und Gefühle sind Kräfte, die
nicht ohne Wirkung bleiben können. Hasse ich andere Menschen oder
Zustände, wirkt dieser Hass vorwiegend in mir selbst. Genauso verhält
sich das auch mit positiven Emotionen. Das Gefühl von Freude und Erfüllung,
das ich beim Hören meiner Lieblingsmusik empfinde, berührt nicht etwa
meinen CD-Player, sondern ausschließlich mich selbst.
Bei der Interaktion zwischen Lebewesen kommt noch ein weiterer Aspekt hinzu:
Die stärkste Kraft ist die innere Haltung, die wir als
"Ausstrahlung" wahrnehmen können. Menschen mit einer positiven
Ausstrahlung haben immer eine positive innere Haltung zum Leben und zu sich
selbst. Diese innere Haltung ist das Resultat unserer Gefühle und Gedanken.
Sie ist eine als "Form" verfestigte Energie, die ähnlich wie
eine physikalische Masse eine der Gravitation entsprechende Anziehungskraft
entwickelt. Das bedeutet, dass ein Mensch, der zu anderen Menschen, dem Leben und
sich selbst eine positive Haltung hat, unweigerlich die entsprechenden positiven
Energien anzieht. Im umgekehrten Fall wirkt dieses "Naturgesetz" natürlich genauso.
Ganz entscheidend ist dabei immer das grundlegende Gefühl. Dazu ein
Beispiel: Nehmen wir an, ein Mann liebt eine Frau, die ihn nicht so liebt, wie er
sich das wünscht. Je stärker sich sein Gefühl der Liebe entwickelt,
je mehr er sich wünscht, von dieser Frau geliebt zu werden, desto mehr
zieht sie sich von ihm zurück. Auf den ersten Blick könnte man jetzt
denken, das Gesetz der Anziehungskraft funktioniert nicht. Doch dem ist nicht so.
Die Ursache der Ablehnung liegt darin, dass das grundlegende Gefühl
des "liebenden" Mannes meist alles andere ist als reine Liebe. Einem
Wunsch, der die Befriedigung eigener Bedürfnisse zum Ziel hat, liegt
fast immer das Gefühl eines Mangels zugrunde. In diesem konkreten Fall
reicht es dem Mann nicht, der Frau seine Liebe zu schenken, in Wirklichkeit ist
seine "Liebe" nicht anderes als eine Spiegelung seines Bedürfnisses,
sich selbst entsprechend geliebt zu fühlen. Dieses Bedürfnis entsteht
aus dem Gefühl, nicht genug geliebt zu werden, was wiederum die Folge des
in diesem Fall grundlegenden Gefühls ist, selbst nicht
liebens-wert zu sein. Dieses
Gefühl der Selbstablehnung ist die wirkende Kraft, die dann die
entsprechende Ablehnung anzieht.
Dieses Prinzip wirkt in allen Bereichen. Wer in sich ein grundlegendes
Gefühl von Mangel empfindet, wird nichts anderes als Mangel anziehen. Wer
jedoch das echte Gefühl empfindet, "alles" zu haben, dem
wird auch "alles" zu-fallen.
Nur ein Mensch, der wahre Liebe in sich trägt, wird wahrhaftig
zurückgeliebt. Wahrhaftige Liebe drückt sich aus in dem Bedürfnis,
zu geben, zu schenken. Wenn wir das Leben lieben, bedeutet das, dass wir
dem Leben Freude schenken. Wenn wir dem Leben Freude schenken, wird das Leben uns
ebenfalls Freude schenken. Dieser Kreislauf findet sowohl in positiver wie auch
in negativer Hinsicht statt, und das in allen Bereichen des Lebens. Auf Grund unserer
schöpferischen Fähigkeiten haben wir in einem weitaus höheren
Ausmaß als andere Lebewesen die Möglichkeit, die Chance und die Aufgabe,
aktiv an der Gestaltung unserer Welt mitzuwirken. Anders als Pflanzen und Tiere
haben wir in einem gewissen Rahmen die Wahl, ob wir das im positiven oder im negativen
Sinn tun wollen. Das Ausmaß unserer gelebten Liebe bestimmt das Ausmaß
unserer erlebten Freude. Das Ausmaß unserer gelebten Zerstörung bestimmt
das Ausmaß unseres erlebten Leids. Daran lässt sich unschwer erkennen,
wie bedeutungsvoll und wichtig es für uns Menschen ist, umfassend und
grundsätzlich wahrhaftige und selbstlose Liebe zu leben.
Unsere Wahrnehmung der verschiedenen als negativ empfundenen Aspekte unserer
Welt entsteht aus unserer Trennung von der alles umfassenden Einheit des
Lebens. Die menschliche Sicht des Lebens im allgemeinen ist von menschlicher
"Betriebsblindheit" geprägt. Alles, was wir wahrnehmen,
durchläuft das Raster unserer subjektiven Wertung. So entscheidet
jeder Mensch für sich persönlich, was an der Welt angeblich objektiv
in Ordnung ist und was nicht. Dies jedoch ist von der "Wahrheit" weit
entfernt. Um das nachzuvollziehen, genügt schon ein Blick auf die Wertvorstellungen
der unterschiedlichen Kulturkreise und Religionsgruppen. Der Selbstmordattentäter
im Irak wird von den einen bejubelt, von den anderen verabscheut, ein
Rüstungskonzern wird von seinen Aktionären bejubelt und von den Opfern
seiner Produkte verabscheut. Das alles ist abhängig von der persönlichen
Position und der damit verbundenen Wertung. Durch diese Wertungen, die das Ergebnis
unserer Wertvorstellungen sind, trennen wir uns von allem, was unsere Wertvorstellung
nicht teilt. Als Menschen trennen wir uns von Pflanzen und Tieren, als Christen
trennen wir uns von den Moslems, in jedem Fall aber trennen wir uns durch unsere
Wertungen von der Quelle unserer Existenz. Je umfassender diese Trennung besteht,
desto schwerer fällt es uns, die Welt zu lieben. Trennung und Wertung sind
immer Ausdruck des Ego. Gemeinsamkeit ist das Wesen des Selbst. Wir werden unsere
Welt in genau dem Ausmaß wahrhaftig lieben können, in dem wir
unser Getrenntsein und unsere daraus entstandenen Wertungen erkennen und abbauen.
Wie aber gelingt es uns, die Welt zu lieben trotz aller Aspekte, die uns nicht
liebenswert erscheinen?
Viele Menschen in der westlichen Welt haben dafür eine Strategie entwickelt,
die sehr im Trend liegt: Sie sind ganz einfach immer "gut drauf".
Oberflächlich betrachtet funktioniert das sogar. Doch leider funktioniert es
nicht wirklich, denn die "negativen" Lebensbereiche werden dabei nicht wahrgenommen und
akzeptiert, sondern lediglich verdrängt. Dies hat jedoch gravierende Folgen,
denn die verdrängten Wahrnehmungen und die daraus entstandenen Gedanken und
Gefühle wirken sich unvermeidlich in einer der vielen Formen von
Selbstzerstörung aus, die sich oft schon zeitgleich mit dem "gut drauf
sein" entwickelt. Besonders häufig entstehen in diesen Fällen
Suchtkrankheiten. Schon das "gut drauf sein" an sich wird dann zur Sucht,
wobei im Verlauf der Gewöhnung an diesen "Stoff" die benötigte
Dosis durch Drogensucht, Erlebnissucht, Kaufsucht etc. verstärkt wird.
Die Welt auf natürliche und gesunde Weise in all ihren Ausdrucksformen zu
lieben gelingt uns, indem wir unsere Aufmerksamkeit weg von den Unterschieden und
hin zu den Gemeinsamkeiten lenken.
Stellen wir uns einfach einmal vor, wir wären Energie ohne Körper, die
den Weltraum durchsetzt und das Treiben auf der Erde aus dem Orbit heraus betrachtet.
So würden wir die Möglichkeiten erkennen, die sich uns bieten, wenn wir uns
als Mensch verkörpern: Wir könnten dann aktiv an der Schöpfung des
Ganzen mitwirken, wir könnten fühlen, denken, gestalten, wir könnten
eine Fülle von Erfahrungen machen, teilnehmen an diesem unglaublich interessanten,
spannenden und vielfältigen Spiel des Lebens. Damit würden wir unsere
körperlose Existenz für kurze Zeit um eine zusätzliche und faszinierende
Dimension erweitern. Vor diesem Hintergrund wären dann selbst die "negativen"
Aspekte interessant und lebenswert, denn auch sie wären ein Teil der
außergewöhnlichen Erfahrungen, die wir nur als materialisierte
Lebewesen machen könnten und die obendrein nicht ewig dauern würden,
sondern nur eine sehr kurze Zeit im Verhältnis zur Ewigkeit. Viele Lebewesen
erleben Leid, ohne sich deshalb gleich umzubringen. Ist dies nicht ein Indiz
für die Qualität aller Aspekte unserer
(Selbst)Erfahrung und
(Selbst)Verwirklichung?
Könnte das alles nicht Grund genug sein, diese Welt so zu lieben,
wie sie ist, selbst wenn uns an ihr vieles nicht gefällt?
Wenn es uns gelingt, die Welt so zu lieben, wie sie ist, und wir uns selbst als
ein Teil davon empfinden, werden wir uns auch selbst so lieben können, wie
wir sind. Das gilt auch im umgekehrten Sinn: Wenn es uns gelingt, uns selbst so zu lieben,
wie wir sind, werden wir uns selbst als Teil der Welt empfinden und diese dann ebenfalls
so lieben können, wie sie ist.
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