Alles gut (?)
Wie Denken gestaltet
Befreist du dein Denken,
befreist du dich selbst.
Lenkst du dein Denken,
lenkst du dich selbst.
Beruhigst du dein Denken,
beruhigst du dich selbst.
So, wie du denkst,
lebst du dich selbst.
Kann Denken gestalten? Was dachte wohl
Edison bei seiner Erfindung der elektrischen Glühbirne? Was denkt ein Biber,
der seinen Damm baut? Was denkt eine Spinne, die ihr Netz webt? Kein
Mensch kann ein Spinnennetz herstellen. Was denken Ameisen, die das Leben
in ihrer Ameisenwelt höchst komplex organisiert haben? Was denkt ein
Papagei, der über 70 Begriffe verstehen und sie zuordnen kann wie ein
4-jähriges Kind? Was dachte Albert Einstein, als er die Relativitätstheorie
entwickelte? Er hat die Lösung des letzten und entscheidenden Problems
nachts im Traum gefunden! Gedanken besitzen Schöpfungskraft, und jeder
Handlung geht ein Gedanke voraus. Doch gestaltet wirklich nur das reine Denken?
Seit Anfang des 20. Jahrhunderts steht
fest, dass Erwartung, also das Denken von Menschen, das Ergebnis von physikalischen
Versuchen beeinflusst. Alles, was wir Menschen auf dieser Welt geschaffen haben,
wurde zuvor gedacht. Gedanken erschaffen Sprache. Sprache ist ein Code, der unsere
Gedanken konkret wahrnehmbar macht. Mit jedem Gedanken, den wir bewusst wahrnehmen,
sprechen wir zu uns selbst. Jeder Gedanke ist eine Kraft, die sich eines Tages
in irgendeiner Form materialisiert. Gedanken wirken sowohl in unseren Gefühlen
als auch in unseren Handlungen. Zwischen Gedanken und Gefühlen besteht eine
Wechselwirkung. Gedanken wecken Gefühle und Gefühle erzeugen Gedanken. Gedanken
lenken Gefühle und Gefühle lenken Gedanken. Wir Menschen gestalten durch Gedanken
unser Selbstgefühl. Wir können uns fröhlich, aber auch traurig denken. Wir
können uns durch unser Denken bestens programmieren. Denn alles, was wir denken
und fühlen, wird als "Software" sowohl in unserem Bewusstsein als auch im
Unterbewusstsein "installiert". Doch ist es nur diese "Software", aus der die
Konzeption jeder Form von Gestaltung entsteht? "Software" existiert in jedem
Lebewesen in Form seiner Gene. Die genetisch angelegte Software lässt die Spinne
ihr Netz gestalten, wir Menschen konzipieren und gestalten mit Hilfe der durch unser Denken
geschriebenen "Software" unter anderem Computer, Glühbirnen und den
größten Teil unseres Selbstgefühls. Die in den Genen vorhandene "Software"
haben nicht wir Menschen geschrieben. Diese "Software" war schon immer da, sie
ist der Ursprung von allem, was ist.
Das Unterbewusstsein von uns Menschen hat die
Tendenz, jeden Gedanken zu realisieren. Entscheidend für die Kraft der
Gedanken ist die Fähigkeit, sich konzentrieren zu können. Konzentration ist
der Treibstoff für unsere Gedanken. Konzentration verdichtet unsere Lebensenergie
und stärkt auf diese Weise die Kraft unserer Gedanken. Gleichzeitig wird unsere
Konzentration sowohl durch unsere Gedanken als auch durch bewusste
und unbewusste Gefühle gelenkt und verstärkt. Durch eine bewusste Entscheidung
können wir unsere Konzentration auf jeden gewünschten Punkt lenken. Je
intensiver wir uns auf etwas konzentrieren, desto mehr Energie leiten wir in
das Objekt unserer Konzentration und bewirken dadurch seine Verstärkung
und Verfestigung.
Gedanken, die im Ego entstehen, kreisen überwiegend um das eigene Ich. "Wie
kriege ich dies, wo finde ich das, warum fühle ich mich
schlecht, wie fühle ich mich besser, warum bin ich arm, wie werde
ich reich?" In diesem Zustand neigen viele Menschen dazu, die Gefühle, die sie
als negativ empfinden und unter denen sie leiden, permanent zu beobachten und zu analysieren.
Dieses "selbst-süchtige" Denkmuster führt jedoch konsequent zu Frustration
und Leid. Die Konzentration des Denkens auf das Ich füttert die belastenden Gefühle
fortwährend mit neuer Energie. Das verstärkt den Leidensdruck. Ganz sicher
konnte noch niemand, der unzufrieden oder angespannt war, den innere Unruhe
und Angst quälte oder irgend eine andere Form von Leid, durch Konzentration seines
Denkens auf seine als negativ empfundenen Gefühle sein Selbstgefühl verbessern.
Das Bedürfnis nach Verbesserung des Selbstgefühls kann niemals durch
selbstsüchtiges Denken befriedigt werden. Je intensiver ein Mensch an sein
Leiden denkt, desto deutlicher wird er es spüren. Dagegen wird das
Leidgefühl sofort nachlassen, wenn die auslösenden Gedanken
losgelassen werden und das Denken in eine andere Richtung gelenkt wird.
Damit ist jedoch nicht das sogenannte positive Denken gemeint. Positives Denken als
eine heutzutage überaus angesagte Methode, welche sämtliche negativen
Aspekte des Lebens ausblendet und sich am Positivismus berauscht, ist nichts anderes
als eine Droge für die Seele, ausgestattet mit allen Begleiterscheinungen, die
zum Wesen einer Droge gehören. Positives Denken, welches sich nur um das eigene
Innenleben dreht, ist nämlich ebenfalls selbst-süchtig. Ich-bezogenes Denken
stärkt das Ego und damit das Leid.
Bei all dem wird unser Denken leider nicht nur von uns selbst, sondern zunehmend von
Außeneinflüssen gelenkt. Massen von Informationen, die wir tagtäglich in uns
aufnehmen, beeinflussen unser Denken. Viele davon halten wir fest und machen sie
damit zu unserer "eigenen Meinung". Wir denken die Gedanken anderer,
ohne es zu merken. Dieses (im Ego stattfindende) Denken gestaltet auch viele unserer
Wertvorstellungen. Wohin uns diese führen, ist für jeden Menschen klar erkennbar.
Unser Denkvermögen steckt ganz offensichtlich noch in den Kinderschuhen.
Viele Menschen wissen zwar, wie die Erde das Paradies für alle sein könnte,
doch noch ist das nicht umsetzbar. Um dies zu lernen, müssen wir unsere
Erde offensichtlich zuerst in eine Hölle verwandeln. Mit dieser Erkenntnis
können wir uns dann entscheiden: Lassen wir uns von unserem Ego denken
oder denken wir selbst? Halten wir weiterhin fest an den zweifelhaften "Werten",
die uns das Ego vorgaukelt oder entwickeln und stärken wir die natürlichen
Werte, die wir alle in unserem Selbst tragen?
Das alles gilt nicht nur für den Zustand unserer Aussenwelt, sondern in gleichem
Maß für den Zustand unserer Innenwelt. Durch die Gedanken, die sich in unserem
Ego entwickeln, übernehmen wir die durch das Ego anderer Menschen entwickelten
Werte und begeben uns damit in eine permanente Vergleichssituation. Wir vergleichen
das, was ist, mit dem, was sein könnte (sollte!). Durch diese Vergleiche entsteht in
uns eine Spannung, die in der Regel permanent ansteigt und immer weniger Ausgleich
findet. Wenn wir uns jedoch statt dessen an unseren inneren, eigenen Werten orientieren,
verliert das Ego seine Macht. Durch die Beschaffenheit unseres Denkens gestalten wir
entweder unser inneres Paradies oder unsere innere Hölle.
Doch welche Art des Denkens trägt nun dazu bei, innere Ruhe zu finden, das Selbst zu
befreien, das Gefühl von Leid vermindern und die Welt lieben zu können?
Ruhe im Denken entsteht, wenn die Gedanken durch Konzentration
geführt, durch eine Aufgabe gefordert oder einfach losgelassen werden.
Indem unser Denken hin zum "Du" gelenkt wird, statt um das eigene Ich zu kreisen,
kann sich unser Selbst frei entfalten.
Die Befreiung von Leid verursachenden Gedanken gelingt, indem wir sie loslassen und unsere
Aufmerksamkeit auf ein Ziel im Außen lenken, statt sie festzuhalten und zu
be(ob)achten. Durch das Loslassen unserer Gedanken
schaffen wir Freiraum für neue Gedanken und damit die Möglichkeit für
Entwicklung und Wachstum.
Indem wir Art, Inhalt und Richtung unseres Denkens selbst bestimmen, übernehmen
wir Verantwortung für uns selbst. Nur durch unser eigenes Denken entscheiden wir,
ob wir uns selbst und die Welt lieben oder nicht.
Durch unser Denken gestalten wir selbst unser Leben.
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